Onlinezugangsgesetz (OZG)

Definition

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) ist ein deutsches Bundesgesetz, das am 18. August 2017 in Kraft trat und die rechtliche Grundlage für die umfassende Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland bildet. Es verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 (ursprüngliche Frist) auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten und diese zu einem Portalverbund zu verknüpfen.

Kernelemente des OZG

Zentrale Verpflichtungen

  • Digitalisierung aller Verwaltungsleistungen: Sämtliche geeigneten Verwaltungsleistungen sollen digital angeboten werden
  • Portalverbund: Verknüpfung aller Verwaltungsportale von Bund, Ländern und Kommunen
  • Nutzerkonten: Einrichtung von Nutzerkonten für Bürger und Unternehmen zur Identifikation
  • Once-Only-Prinzip: Daten sollen nur einmal erfasst und bei Bedarf wiederverwendet werden

Umsetzungsstruktur

  • OZG-Katalog: Systematische Erfassung von etwa 575 Verwaltungsleistungen in 14 Themenfeldern
  • Themenfeld-Federführungen: Verteilung der Verantwortlichkeiten auf Bund und Länder
  • Einer-für-Alle-Prinzip (EfA): Entwicklung durch ein Bundesland für mehrere/alle anderen
  • Digitalisierungsprogramm Bund: Koordinierung der Bundesleistungen
  • Steuerung: Übergreifende Koordination durch den IT-Planungsrat

Meilensteine und Entwicklung

Chronologie

  • August 2017: Inkrafttreten des OZG
  • 2018: Erstellung des OZG-Umsetzungskatalogs und Start der Digitalisierungslabore
  • 2019: Verabschiedung der Architekturrichtlinie für den Portalverbund
  • 2020: Beschleunigung durch Corona-Pandemie und Konjunkturpaket (3 Mrd. Euro)
  • 2022: Ursprüngliches Zieldatum für die Umsetzung (nicht vollständig erreicht)
  • 2023: Übergangsphase und Weiterentwicklung zum OZG 2.0
  • 2024: Geplantes Inkrafttreten des OZG 2.0 mit neuen Zielsetzungen

Umsetzungsstand

  • Teilweise Zielerreichung: Nicht alle Leistungen wurden fristgerecht digitalisiert
  • Unterschiedliche Fortschritte: Je nach Verwaltungsebene und Bundesland variierender Umsetzungsgrad
  • Pilotprojekte: Erfolgreiche Implementierung einiger Leuchtturmprojekte
  • Herausforderungen: Technische, organisatorische und rechtliche Komplexität

Bedeutung für GovTech

Marktpotenzial

  • Investitionsvolumen: Milliardenschweres Marktvolumen durch Digitalisierungsbedarf
  • Langfristige Perspektive: Auch nach Fristablauf anhaltender Digitalisierungsbedarf
  • Breites Leistungsspektrum: Bedarf an verschiedensten GovTech-Lösungen (Frontend, Backend, Infrastruktur)

Geschäftschancen

  • EfA-Lösungen: Entwicklung skalierbarer Lösungen für mehrere Verwaltungsebenen
  • Nachnutzung: Anpassung bestehender EfA-Lösungen für weitere Behörden
  • Schnittstellen: Integration von Fachverfahren und Basiskomponenten
  • Beratungsleistungen: Unterstützung bei der konzeptionellen und technischen Umsetzung

Herausforderungen

  • Heterogene Anforderungen: Unterschiedliche Bedürfnisse von Bund, Ländern und Kommunen
  • Vergaberecht: Komplexe Beschaffungsprozesse
  • Interoperabilität: Sicherstellung der Kompatibilität mit bestehenden Systemen
  • Ressourcen: Begrenztes Budget und IT-Personal in vielen Verwaltungen

OZG 2.0 und Zukunftsperspektiven

Weiterentwicklung des OZG

  • Neufokussierung: Konzentration auf häufig genutzte, wirtschaftlich relevante Leistungen
  • Verbindliche Standards: Stärkere Vorgaben für Interoperabilität und Nachnutzbarkeit
  • Nutzerzentrierte Priorisierung: Fokus auf Leistungen mit hoher Nutzungsfrequenz und wirtschaftlicher Bedeutung
  • Klarere Governance: Vereinfachte Entscheidungsstrukturen und Finanzierungsmodelle

Technologische Trends

  • API-First-Ansatz: Entwicklung offener Schnittstellen für modulare Dienste
  • Cloud-Lösungen: Verstärkte Nutzung von Cloud-Technologien für Skalierbarkeit
  • Mobile-First: Optimierung für mobile Endgeräte
  • KI-Unterstützung: Einsatz künstlicher Intelligenz zur Prozessoptimierung

Integration mit anderen Initiativen

  • Registermodernisierung: Verknüpfung mit der Modernisierung staatlicher Register
  • Europäische Dimension: Einbindung in grenzüberschreitende europäische Dienste (Single Digital Gateway)
  • Smart City: Integration mit kommunalen Smart-City-Strategien

Fazit

Das Onlinezugangsgesetz hat als zentraler Treiber der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland maßgeblich zur Beschleunigung und Strukturierung der digitalen Transformation im öffentlichen Sektor beigetragen. Trotz nicht vollständiger Zielerreichung innerhalb der ursprünglichen Frist hat das OZG einen nachhaltigen Digitalisierungsschub ausgelöst und ein dynamisches Marktumfeld für GovTech-Lösungen geschaffen.

Für GovTech-Unternehmen bleibt das OZG auch in seiner Weiterentwicklung als OZG 2.0 ein zentraler Bezugsrahmen und Treiber für Geschäftsmöglichkeiten. Die Herausforderungen der ersten Umsetzungsphase haben wertvolle Erkenntnisse für die künftige Entwicklung nutzerfreundlicher, interoperabler und skalierbarer Verwaltungslösungen geliefert.