Once-Only-Prinzip

Definition und Grundkonzept

Das Once-Only-Prinzip (OOP) ist ein Kernkonzept der Verwaltungsmodernisierung und bezeichnet den Grundsatz, dass Bürger und Unternehmen bestimmte Standardinformationen nur noch einmal an Behörden übermitteln müssen. Alle berechtigten öffentlichen Stellen können anschließend – mit Zustimmung der Betroffenen und unter Wahrung des Datenschutzes – auf diese Daten zugreifen, ohne sie erneut anzufordern. Der Leitgedanke lautet: "Einmal mitteilen statt vielfach ausfüllen".

Zielsetzung und Vorteile

Die Einführung des Once-Only-Prinzips verfolgt mehrere Ziele:

  • Bürokratieabbau: Deutliche Reduzierung des Verwaltungsaufwands für Bürger und Unternehmen durch Vermeidung von Mehrfacheingaben.
  • Effizienzsteigerung: Beschleunigung von Verwaltungsprozessen durch direkten Datenzugriff.
  • Fehlerminimierung: Verringerung von Übertragungsfehlern durch zentrale Datenhaltung.
  • Aktualität: Sicherstellung konsistenter und aktueller Daten in allen Verwaltungssystemen.
  • Kostensenkung: Reduzierung der Kosten sowohl für die Verwaltung als auch für Bürger und Unternehmen.
  • Nutzerfreundlichkeit: Verbesserung der Erfahrung im Umgang mit Behörden durch vereinfachte Prozesse.

Rechtlicher Rahmen

Das Once-Only-Prinzip ist auf verschiedenen Ebenen rechtlich verankert:

  • EU-Ebene: Die Single Digital Gateway-Verordnung (SDG) der EU verpflichtet die Mitgliedstaaten zur schrittweisen Einführung des Once-Only-Prinzips für grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren.
  • Nationale Ebene: In Deutschland wird das Prinzip durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) und das Registermodernisierungsgesetz (RegMoG) gesetzlich unterstützt.
  • Datenschutz: Die Einhaltung der DSGVO und nationaler Datenschutzgesetze bildet den verbindlichen Rahmen für die Umsetzung.

Technische Umsetzung

Die Implementierung des Once-Only-Prinzips erfordert verschiedene technische Komponenten:

  • Registermodernisierung: Digitalisierung und Vernetzung bestehender Behördenregister.
  • Eindeutige Identifikation: Einführung einer eindeutigen ID zur Verknüpfung von Daten (in Deutschland die Steuer-ID als registerübergreifendes Identifikationsmerkmal).
  • Interoperabilitätsframework: Technische Standards für den sicheren Datenaustausch zwischen Behörden.
  • Datencockpits: Transparenzportale, über die Bürger einsehen können, welche Behörde auf welche ihrer Daten zugreift.
  • Consent-Management: Systeme zur Verwaltung von Einwilligungen für den Datenaustausch.

Herausforderungen und kritische Betrachtung

Die Umsetzung des Once-Only-Prinzips ist mit verschiedenen Herausforderungen verbunden:

  • Datenschutzbedenken: Die zentrale Speicherung und behördenübergreifende Nutzung von Daten wirft Fragen zum Datenschutz und zur informationellen Selbstbestimmung auf.
  • Technische Komplexität: Die Vernetzung heterogener Verwaltungssysteme stellt eine erhebliche technische Herausforderung dar.
  • Föderale Strukturen: In Deutschland erschweren die verteilten Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen die einheitliche Umsetzung.
  • Akzeptanz: Sowohl bei Bürgern als auch innerhalb der Verwaltung kann es Vorbehalte gegen die neue Datennutzung geben.
  • Rechtliche Hürden: Bestehende Fachgesetze können dem Datenaustausch entgegenstehen und müssen angepasst werden.

Chancen für GovTech-Startups

Für innovative Unternehmen im GovTech-Bereich eröffnet das Once-Only-Prinzip vielfältige Geschäftschancen:

  • Datenaustauschplattformen: Entwicklung sicherer, datenschutzkonformer Infrastrukturen für den behördenübergreifenden Datenaustausch.
  • Consent-Management-Lösungen: Tools zur Verwaltung von Nutzereinwilligungen und zur Herstellung von Transparenz.
  • Identitätsmanagement: Sichere und benutzerfreundliche Authentifizierungslösungen für den Zugriff auf persönliche Daten.
  • Interoperabilitätslösungen: Middleware und Schnittstellenadapter zur Verbindung heterogener Systeme.
  • Datencockpits: Entwicklung intuitiver Benutzeroberflächen, die Bürgern Transparenz über die Nutzung ihrer Daten bieten.
  • Registermodernisierungstools: Lösungen zur Digitalisierung und Vernetzung bestehender Register.
  • Beratungsdienstleistungen: Unterstützung von Behörden bei der strategischen und operativen Umsetzung des Once-Only-Prinzips.

Rolle der Privatwirtschaft vs. staatliche Entwicklung

Bei der Umsetzung des Once-Only-Prinzips ist eine klare Differenzierung zwischen staatlichen und privatwirtschaftlichen Aufgaben sinnvoll:

  • Staatliche Aufgaben: Definition von Standards, rechtlicher Rahmen, Datenschutzkonzepte, Registerführung.
  • Privatwirtschaftliche Chancen: Entwicklung innovativer technischer Lösungen, Benutzeroberflächen, Schnittstellen und Beratungsleistungen.

Kritisch zu betrachten ist, wenn staatliche Stellen eigenständig umfassende technische Lösungen entwickeln, statt die Expertise und Innovationskraft der Privatwirtschaft zu nutzen. Dies kann zu ineffizienten Parallelsystemen führen und privaten Unternehmen Marktchancen nehmen. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen öffentlichem Sektor und innovativen Unternehmen verspricht hingegen die besten Ergebnisse für Bürger und Verwaltung.

Praxisbeispiele und Fortschritt

In verschiedenen Ländern ist die Umsetzung des Once-Only-Prinzips unterschiedlich weit fortgeschritten:

  • Estland: Als Vorreiter hat Estland mit der X-Road-Infrastruktur eine technische Basis für den behördenübergreifenden Datenaustausch geschaffen.
  • Österreich: Das Stammzahlenregister ermöglicht die Verknüpfung von Daten unter strikter Wahrung des Datenschutzes.
  • Dänemark: Mit dem Basic Data Program werden Basisdaten zentral verwaltet und allen Behörden zur Verfügung gestellt.
  • Deutschland: Mit dem Registermodernisierungsgesetz und der Einführung der Steuer-ID als übergreifendes Identifikationsmerkmal wurden wichtige Grundlagen geschaffen, die Umsetzung steht jedoch noch am Anfang.

Zukunftsperspektiven

Das Once-Only-Prinzip wird sich in den kommenden Jahren weiterentwickeln:

  • Europäische Dimension: Der grenzüberschreitende Datenaustausch gemäß SDG wird neue Möglichkeiten für EU-weite Verwaltungsprozesse eröffnen.
  • KI-Integration: Künstliche Intelligenz könnte die Datenverarbeitung und -verknüpfung weiter optimieren.
  • Mobile-First-Ansätze: Die Nutzung von Verwaltungsdiensten auf mobilen Geräten wird die Benutzerfreundlichkeit erhöhen.
  • Ausweitung auf weitere Lebensbereiche: Das Prinzip könnte auf immer mehr Verwaltungsleistungen ausgeweitet werden.

Das Once-Only-Prinzip stellt einen Paradigmenwechsel in der Verwaltungsdigitalisierung dar – weg von der behördenzentrierten hin zur nutzerorientierten Perspektive. Es bietet sowohl erhebliche Effizienzpotenziale für die öffentliche Verwaltung als auch neue Marktchancen für innovative GovTech-Unternehmen, die die technischen Herausforderungen mit kreativen Lösungen adressieren können.