Kommune

Definition

Eine Kommune ist die kleinste politisch-administrative Einheit im deutschen Staatsaufbau und Basis der kommunalen Selbstverwaltung. Der Begriff umfasst Gemeinden, kreisangehörige Städte, kreisfreie Städte sowie auf übergeordneter Ebene die Landkreise. In Deutschland gibt es etwa 11.000 Kommunen mit sehr unterschiedlicher Größe und Struktur – von kleinen Gemeinden mit wenigen hundert Einwohnern bis hin zu Großstädten mit mehreren hunderttausend oder gar Millionen Einwohnern.

Rechtliche Grundlagen

  • Grundgesetz: Art. 28 Abs. 2 GG garantiert das Recht der Kommunen auf Selbstverwaltung
  • Gemeindeordnungen: Die konkrete Ausgestaltung kommunaler Strukturen und Befugnisse erfolgt durch Landesrecht
  • Kommunalverfassungen: Je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen zu Organisation und Aufgaben

Struktur und Organisation

Kommunale Ebenen

  • Gemeinden: Grundlegende kommunale Einheit
  • Städte: Gemeinden mit Stadtrecht (kreisangehörig oder kreisfrei)
  • Landkreise: Zusammenschluss mehrerer kreisangehöriger Gemeinden
  • Bezirke: In Großstädten als zusätzliche dezentrale Verwaltungseinheiten

Kommunale Organe

  • Gemeinderat/Stadtrat: Das von den Bürgern gewählte Hauptorgan der Kommune
  • Bürgermeister/Oberbürgermeister: Je nach Bundesland unterschiedlich starke Stellung (Süddeutsche Ratsverfassung, Norddeutsche Ratsverfassung, etc.)
  • Gemeindeverwaltung/Stadtverwaltung: Ausführendes Organ für Beschlüsse und Verwaltungsaufgaben
  • Kreistag und Landrat: Entsprechende Organe auf Kreisebene

Aufgaben und Zuständigkeiten

Kommunen erfüllen drei Arten von Aufgaben:

Freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben

  • Kultur: Theater, Museen, Bibliotheken
  • Freizeit: Sportanlagen, Schwimmbäder, Parks
  • Wirtschaftsförderung: Gewerbegebiete, lokale Wirtschaftsunterstützung
  • Zusätzliche soziale Leistungen: Über gesetzliche Vorgaben hinausgehende Angebote

Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben

  • Infrastruktur: Straßen, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Abfallwirtschaft
  • Bildung: Schulträgerschaft, Erwachsenenbildung
  • Feuerwehr: Brandschutz und technische Hilfeleistung
  • Bauleitplanung: Flächennutzungsplan, Bebauungspläne
  • Kinderbetreuung: Kindertagesstätten, Kindergärten

Auftragsangelegenheiten (übertragener Wirkungskreis)

  • Personenstandswesen: Standesamt, Melderegister
  • Ordnungsrecht: Gewerbeaufsicht, Ordnungsamt
  • Soziale Sicherung: Grundsicherung, Wohngeld (als Durchführungsbehörde)
  • Wahldurchführung: Organisation von Bundes-, Landes- und Kommunalwahlen

Bedeutung für GovTech

Kommunen sind entscheidende Akteure und Adressaten für GovTech-Lösungen aus mehreren Gründen:

Zentrale Rolle in der Verwaltungsdigitalisierung

  • Bürgernahe Verwaltung: Kommunen sind primäre Kontaktstelle für Bürger und Unternehmen
  • Hohe Anzahl von Verwaltungsleistungen: Kommunen erbringen etwa 60% aller öffentlichen Verwaltungsleistungen
  • Heterogene Digitalisierungsgrade: Von digitalen Vorreitern bis zu Nachzüglern

Spezifische Herausforderungen

  • Ressourcenknappheit: Begrenzte finanzielle Mittel und IT-Fachkräfte
  • Kleinteilige Strukturen: Viele kleine und mittlere Kommunen mit ähnlichen Anforderungen
  • Kommunale Selbstverwaltung: Individuelle Entscheidungen vs. Standardisierungsbedarf
  • Legacy-Systeme: Bestehende Fachverfahren und veraltete IT-Infrastrukturen
  • Fachkräftemangel: Schwierigkeiten, qualifiziertes IT-Personal zu gewinnen und zu halten

Chancen für GovTech

  • Großes Marktpotenzial: Etwa 11.000 potenzielle Kunden mit ähnlichen Grundanforderungen
  • Skalierbarkeit: Einmal entwickelte Lösungen können an viele Kommunen verkauft werden
  • Interkommunale Zusammenarbeit: Gemeinsame Beschaffung und Nutzung von GovTech-Lösungen
  • Nachholbedarf: Erheblicher Digitalisierungsbedarf durch OZG und andere Digitalisierungsinitiativen

GovTech-Ansätze für Kommunen

Erfolgreiche Modelle

  • Kommunale Portale: Bündelung digitaler Verwaltungsleistungen auf lokaler Ebene
  • Modulare Lösungen: Flexible Bausteine statt monolithischer Systeme
  • Low-Code/No-Code-Plattformen: Ermöglichen die Digitalisierung auch mit wenig IT-Fachwissen
  • Cloud-basierte Services: Reduzieren Infrastrukturanforderungen und initiale Investitionen

Praxisbeispiele

  • Kommunalportale: Serviceportale als zentraler Einstiegspunkt für Bürger
  • Bürgerbeteiligungs-Tools: Digitale Plattformen für Partizipation
  • Intelligentes Stadtmanagement: Sensorbasierte Lösungen für Parkraum, Abfallentsorgung, Ressourcenmanagement etc.
  • Integrierte Backoffice-Lösungen: Prozessoptimierung in der kommunalen Verwaltung

Finanzierung kommunaler GovTech-Projekte

  • Eigenmittel: Aus kommunalen Haushalten
  • Förderprogramme: Bundes- und Landesförderung für Digitalisierungsprojekte
  • Kooperationsmodelle: Interkommunale Zusammenarbeit zur Kostenteilung
  • Public-Private-Partnerships: Zusammenarbeit mit privaten Technologieanbietern
  • Leasing- und As-a-Service-Modelle: Reduzierung initialer Investitionskosten

Fazit

Kommunen stellen als bürgernächste Verwaltungsebene einen zentralen Markt und eine wichtige Zielgruppe für GovTech-Angebote dar. Die Kombination aus großem Digitalisierungsbedarf und limitierten Ressourcen schafft ein besonderes Spannungsfeld für die Entwicklung und Implementierung digitaler Lösungen.

Erfolgreiche GovTech-Angebote für Kommunen müssen deren besondere Bedürfnisse und Rahmenbedingungen berücksichtigen: Sie sollten kostengünstig, leicht implementierbar, modular und gleichzeitig an lokale Besonderheiten anpassbar sein. Die zunehmende interkommunale Zusammenarbeit und die Umsetzung des EfA-Prinzips eröffnen dabei neue Möglichkeiten für skalierbare GovTech-Lösungen, die trotz kommunaler Selbstverwaltung übergreifend genutzt werden können.