Juristische Barrierefreiheit

Definition und Zielsetzung

Juristische Barrierefreiheit beschreibt das Prinzip, rechtliche Informationen, Verwaltungsdokumente und digitale Behördendienste so bereitzustellen, dass sie von allen Menschen gleichermaßen verstanden und genutzt werden können - unabhängig von körperlichen, kognitiven oder sprachlichen Einschränkungen.

In einer digitalisierten Verwaltung bedeutet das: Auch digitale Prozesse, Formulare und Bescheide müssen so gestaltet sein, dass sie barrierefrei zugänglich und verständlich sind. Das betrifft sowohl die technische Umsetzung als auch die sprachliche Gestaltung.

Rechtlicher Rahmen

  • Behindertengleichstellungsgesetz (BGG): Verpflichtet öffentliche Stellen zur Barrierefreiheit in der Informationstechnik
  • BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung): Regelt konkrete Anforderungen an Websites und mobile Anwendungen
  • EU-Richtlinie 2016/2102: Verpflichtet auch Kommunen zur barrierefreien Gestaltung digitaler Angebote

Anwendungsbereiche

  • Online-Anträge und Verwaltungsportale
  • Bescheide und Verwaltungsakte in verständlicher Sprache
  • Barrierefreie PDFs und Formulare
  • Einsatz von Leichter Sprache oder Gebärdensprache
  • Screenreader-Kompatibilität und Tastaturnavigation

Herausforderungen in der Praxis

  • Viele Fachverfahren erzeugen standardisierte, aber schwer verständliche Bescheide
  • Barrierefreiheit wird häufig erst nachgelagert betrachtet
  • Übersetzungen in Leichte Sprache sind aufwendig, werden aber kaum gefördert
  • Barrierefreiheit ist kein „Feature“, sondern ein Qualitätsstandard - das erfordert Umdenken

Chancen für GovTech-Unternehmen

  • UX-Optimierung für Fachanwendungen mit Fokus auf Barrierefreiheit
  • Automatisierte Textvereinfachung für komplexe Verwaltungsinhalte
  • Beratung & Audits zur BITV-Konformität von Verwaltungsportalen
  • Module für Leichte Sprache, Vorlesefunktionen oder visuelle Vereinfachung

Warum das Thema politisch relevant ist

Barrierefreiheit ist keine freiwillige Zusatzleistung - sie ist demokratische Pflicht. Wenn digitale Verwaltungslösungen nicht barrierefrei sind, schließen sie systematisch ganze Bevölkerungsgruppen aus – darunter Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen oder Personen mit geringen Sprachkenntnissen.

Digitale Inklusion ist Teil einer modernen Daseinsvorsorge – und ein Feld, in dem Technologie echte gesellschaftliche Wirkung entfalten kann.

Fazit

Juristische Barrierefreiheit ist der Schlüssel zu einer wirklich inklusiven Verwaltung. Sie verbindet Technik, Sprache und Nutzerzentrierung – und bietet GovTech-Unternehmen die Chance, sinnvolle Innovation mit gesellschaftlichem Mehrwert zu verbinden.