Digitale Souveränität

Digitale Souveränität

Definition und Zielsetzung

Digitale Souveränität bezeichnet die Fähigkeit von Staaten, Organisationen und Individuen, digitale Technologien selbstbestimmt, sicher und im Einklang mit eigenen Werten zu nutzen und weiterzuentwickeln. Im Kontext der öffentlichen Verwaltung bedeutet das: Die Kontrolle über Daten, Systeme, Infrastrukturen und Abhängigkeiten muss erhalten bleiben – und zwar ohne die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen.

Warum ist digitale Souveränität relevant?

  • Abhängigkeit von großen außer-europäischen Cloud-Anbietern und Plattformen
  • Sicherheitsbedenken im Umgang mit sensiblen Verwaltungsdaten
  • Geopolitische Spannungen, die Lieferketten und Technologiezugang beeinflussen können
  • Der Wunsch nach technologischer Unabhängigkeit bei gleichzeitigem Innovationsanspruch

Digitale Souveränität ist kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung für handlungsfähige Demokratie im digitalen Raum.

Open Source ist ein Mittel, aber kein Dogma

In vielen Förderprogrammen und Strategiepapieren wird digitale Souveränität einseitig mit Open Source gleichgesetzt. Dabei ist quelloffene Software ohne Frage ein wichtiger Bestandteil – vor allem im Hinblick auf Transparenz, Wiederverwendbarkeit und Vermeidung von Abhängigkeiten.

Allerdings: Digitale Souveränität bedeutet nicht automatisch, dass nur Open Source souverän ist. Es geht um die Kontrolle über Technologie, nicht zwangsläufig um deren Lizenzmodell. Auch proprietäre Lösungen aus dem Inland oder europäischen Raum können souverän sein – wenn sie auf offenen Standards basieren, interoperabel sind und unter demokratischer Kontrolle stehen.

Plädoyer für technologische Vielfalt und Wettbewerb

Eine gesunde, digital souveräne Verwaltung fördert nicht nur Open-Source-Initiativen, sondern auch leistungsfähige Anbieter aus der eigenen Wirtschaft. Gerade mittelständische GovTech-Unternehmen können durch ihre Nähe zu den Verwaltungen, schnelle Innovationszyklen und hohe Sicherheitsstandards einen zentralen Beitrag leisten.

Wenn der Staat aus Angst vor Abhängigkeit keine eigenen Anbieter aufbaut oder unterstützt, entsteht eine neue Abhängigkeit: von Strukturen, die keine Geschwindigkeit liefern, weil sie keine wirtschaftlichen Anreize haben.

Förderung digitaler Souveränität durch kluge Beschaffung

Digitale Souveränität beginnt in der Praxis mit smarter Beschaffung:

  • Fokus auf Interoperabilität und Standardkonformität
  • Ausschreibungen, die nicht exklusiv Open Source verlangen, sondern auf Kontrolle und Zugang zu Quellcode und Daten abzielen
  • Berücksichtigung von Betriebsmodellen mit europäischem Hosting und rechtssicherer Datenverarbeitung

Beispiele für souveräne Technologieprojekte

  • Gaia-X: Ein europäisches Cloud-Ökosystem mit offenen Schnittstellen und europäischen Betreibern
  • Bundescloud: Aufbau einer sicheren, staatlich kontrollierten Cloud-Infrastruktur
  • Souveräne Messenger oder Office-Lösungen, die datenschutzkonform betrieben werden

Bedeutung für GovTech-Unternehmen

Für Startups und KMU im GovTech-Bereich ist digitale Souveränität ein strategisches Spielfeld:

  • Made in Germany / EU ist ein Wettbewerbsvorteil
  • Transparente Governance und vertrauensvolle Partnerschaften sind echte Assets
  • Cloud-native Lösungen auf europäischer Infrastruktur werden zunehmend nachgefragt

Fazit: Souverän ist, wer wählen kann

Digitale Souveränität bedeutet Entscheidungsfreiheit. Der Staat muss in der Lage sein, digitale Werkzeuge nach seinen Bedürfnissen zu gestalten – ohne fremde Kontrolle, aber auch ohne sich aus Angst vor Abhängigkeit selbst zu blockieren.

Deshalb braucht es eine bewusste Strategie, die sowohl Open Source als auch privatwirtschaftliche, europäische Anbieter als Teil der digitalen Souveränität versteht. Nur so entsteht ein öffentliches digitales Ökosystem, das handlungsfähig, innovationsfähig und vertrauenswürdig ist.